Ana Simon ist gestorben

Diverses 21. Januar 2019

In aller Stille ist Ana Simon am 27. Dezember im Alter von 80 Jahren bei sich zu Hause entschlafen. Und ihre Asche wurde kürzlich im engsten Kreis im Friedhof des Rois in Genf im Grab ihres Gatten, François Simon, beigesetzt. Maya Simon schrieb uns, dass sie weder Feierlichkeiten noch Blumen noch Tränen gewünscht habe. Dennoch möchten wir den Tod dieser bemerkenswerten Frau nicht einfach verschweigen. Sie trug viel zur Pflege der Erinnerung an ihren Mann, den Schauspieler François Simon, und an ihren Schwiegervater Michel Simon bei, war selber aber auch eine grosse Künstlerin und hat mehrere Filme, Gedichtsammlungen (beispielsweise Vivre, 1981; Entrevision,1985; Jardin désolé, 1995) sowie zahlreiche Übersetzungen von Mircea Eliade, Marin Sorescu und Miguel de Unamuno hinterlassen.
Sie wurde 1938 in Rumänien geboren, sprach perfekt Französisch und Spanisch, reiste viel und verkehrte in unzähligen Künstlerkreisen. Unter den Dokumenten, die Ana Simon im Laufe der Zeit unseren Archiven anvertraute, befinden sich Aufnahmen von ihr neben Mario Vargas Llosa in Lima und Briefe, die Emil Cioran ihr geschrieben hatte. Daraus wird ersichtlich, wie sich diese Künstlerin im Verlauf ihres Lebens immer stärker zurücknahm, um andere in den Vordergrund zu rücken. So verfasste sie zahlreiche Porträts von Schriftstellern und Musikern, unter anderen von Constantin Brãiloiu, Clara Haskil und Dinu Lipatti. Sie pflegte eine Freundschaft mit der deutschen Malerin Margarethe Krieger, die schöne Porträts von Michel und François Simon malte und mehrere Gedichtsammlungen von Ana Simon illustrierte, beispielsweise Les muses endormies (2004).
In einem Interview mit dem internationalen rumänischen Radio anlässlich der Veröffentlichung einer ihr gewidmeten Biografie, Ana Simon – les étranges rencontres, von Alina Mazilu, Vasile Bogdan und Cornel Ungureanu sagte sie: «Alles, was ich getan habe, habe ich aus Bewunderung getan. Natürlich beeinflusste mich meine literarische Bildung stark, ich hatte ja Weltliteratur und vergleichende Literaturwissenschaften studiert, was mein Interesse dafür stetig nährte. Die Künstler kommen irgendwoher und zeigen uns so viel wie möglich von ihrem Universum. Auch ich versuchte, dasselbe zu tun, indem ich meine Bewunderung für sie in einen Film fasste.»
Die Cinémathèque suisse hat kürzlich mit der RTS und mit der Unterstützung von Memoriav eine Box zu Ehren der beiden Simons (Michel und François) herausgegeben. Sie enthält die unter anderem auch die beiden Dokumentarfilme, die sie ihnen gewidmet hat: François Simon, la présence (1986, Koregie Louis Mouchet) und Simon, père et fils (1995, Koregie Michel Boujut). Die Vernissage dieser Box fand im Januar 2014 in ihrer Anwesenheit statt. Anlässlich der Vorführung einer ihrer letzten Regiearbeiten für die Fondation Bodmer, Sortilèges de Genève, einer Bezugnahme auf ihre Poesie und ihre Wahlheimat, schrieb Ana Simon zudem: «Ich schliesse mich den Worten von Pontalis an: “Ich mache keine Filme für eine Sache und noch weniger für Spezialisten, sondern für einen Nächsten, der fern ist; für diesen Unbekannten, der die erregende Gnade hat, mir nahe zu sein, ohne ich zu sein: der unsichtbare Zeuge, der das Unsichtbare rechtfertigt.”»
Frédéric Maire

Ana Simon, Gattin von François Simon, in der Cinémathèque suisse am Abend der Vernissage zu Ehren von Michel und François Simon, Mittwoch, den 29. Januar 2014. ©Carine Roth / Cinémathèque suisse
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